Exostosen und Schwerbehinderung

Herr Ralf B. hat uns diesen Beitrag zum Thema "Exostosen und Schwerbehinderung" zugeschickt.

Schwerbehinderung durch Exostosen

In dem nun folgenden Artikel beschreibe ich unsere Erfahrungen zum Thema Schwerbehinderung durch Exostosen.

Auf die Idee gebracht hat mich vor vielen Jahren eine Personalsachbearbeiterin des Unternehmens in dem ich tätig bin. Damals ging es darum eine der begehrten Betriebswohnungen zu ergattern. Sie gab mir den Tipp, eine anerkannte Schwerbehinderung zu beantragen, da somit die Chancen, eine solche Wohnung zugewiesen zu bekommen, immens steigen würden. Um es vorweg zu nehmen, der Genehmigungsprozess dauerte so lange, dass ich zwischenzeitlich längst eine passende Wohnung in Eigeninitiative gefunden hatte.

Wie ist aber nun der Weg, den Status als Schwerbehinderten zu erhalten?

Nun, der Weg dorthin ist denkbar einfach und einmal angestoßen läuft der Prozess von alleine.

Voraussetzung ist, dass man einen oder mehrere krankheitsspezifisch behandelnde Ärzte konsultiert hat, die mit dem Krankheitsbild vertraut sind und entsprechende Diagnosen über die (im Falle der Exostosenkrankheit i.d.R. mehrfachen) dauerhaften Beeinträchtigungen erstellt haben.

Beim zuständigen Versorgungsamt ist (ruhig telefonisch) ein Antragsformular anzufordern.

In diesem Formblatt wird vom Antragsteller selber oder bei Kindern von den Eltern das Krankheitsbild, die Ausprägung und die Behinderungen (z.B. Bewegungseinschränkung der Arme, Beine, des Rumpfes etc.) beschrieben und die entsprechenden Arztkontakte aufgeführt.

Nach Abgabe des Antrages wird vom Versorgungsamt alles Weitere veranlasst. Bei den Ärzten werden Gutachten zur individuellen Ausprägung der Krankheit eingeholt.

Sodann entscheidet das Versorgungsamt, ggf. noch nach Konsultation eines Vertrauensarztes, über den Grad der Behinderung.

Ich selber habe seinerzeit einen 40%igen und mein Sohn kürzlich einen 30%igen Behinderungsgrad erhalten.

Jedoch will ich nicht verschweigen, dass der Nutzen einer Behinderung von unter 50% eher gering ist. Man bekommt als Dokument nur eine Bestätigung für das Finanzamt um den Behinderungsgrad in der jährlichen Steuererklärung nachweisen zu können. Wie viel der Behinderungsgrad nun bei einer Steuerberechnung wirklich ausmacht, vermag ich nicht zu beschreiben, da ich auf diesem Fachgebiet nahezu gänzlich unkundig bin. Nur soviel, es gibt auf dem Steuerformular hierzu eine extra Zeile, wo der Behinderungsgrad eingetragen wird. Ich denke es wird ein gewisser Pauschbetrag anerkannt.

Soweit ich weiß wird ein Behinderungsgrad ab 50% erst richtig interessant. Dann gibt es einen Schwerbehindertenausweis, der gewisse Privilegien wie z.B. freie Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zulässt. Vom Hörensagen weiß ich allerdings, dass hier sehr strenge Maßstäbe angelegt werden und es nicht einfach ist die 50%-Marke zu erreichen.

Für unseren Sohn werden wir nun aber trotzdem versuchen, den Schulweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufgrund seiner 30% kostenfrei möglich zu machen.  -  Sicherlich mag das nun manch einem Leser kleinlich erscheinen. Dem halte ich jedoch gegenüber, dass unsere Familie durch die Krankheit unseres Sohnes zeitweise große Opfer bringt, ihn mit seiner Krankheit möglichst gut auf das spätere Leben vorzubereiten. Hierzu zählt auch, Langzeitschäden durch entsprechende Maßnahmen zu vermeiden.

Schwerbehinderung als späteres Etikett?

Aus meiner Erfahrung kann ich nur mit einem klaren „Nein“ antworten. Unter der 50%-Marke wird man eh nur beim Finanzamt aktenkundig. I.d.R. geht jeder beruflichen Einstellung eine ärztliche Eignungsuntersuchung voraus. Meine Erfahrung hat gezeigt, dass dieses Ergebnis zählt. Bei entsprechender Berufswahl sehe ich hier kein Problem.

Ich selber habe keinen Grund gesehen, meinem Arbeitgeber die 40% mitzuteilen, wurde bis dato allerdings auch noch nicht danach gefragt.

Für Berufe im öffentlichen Dienst gilt sinngemäß sogar, dass bei gleicher Eignung Schwerbehinderte bevorzugt werden. Ob das nun auch wirklich nachweislich so gelebt wird vermag ich nicht zu sagen. Allerdings wachen dort m. W. die Personalräte peinlich genau auf die Einhaltung der ‚Spielregeln’.

Letztendlich muss sicher jeder Betroffene situationsabhängig entscheiden, ob er von sich aus seine Schwerbehinderung angibt. Wenn allerdings konkret nachgefragt wird, muss die Tatsache wohl oder übel auf den Tisch.

Entscheidend bei einem Einstellungsgespräch ist nach wie vor, dass man sich gut verkauft und seine fachlichen Qualitäten in den Vordergrund stellt. Wenn das gelingt, sollte eine Schwerbehinderung nicht mehr ins Gewicht fallen – entsprechende Berufswahl vorausgesetzt.

Mit freundlichen Grüßen

Erstveröffentlichung am 10.08.2005 - letzte Änderung/Überprüfung dieser Internetseite am 09.02.2017